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14.11.2016

Annapurna III – One of a kind

“My hope for this amazing route is that it will be climbed by fair means. If climbing were a solution to an engineering problem, it would cease to be an art. Art is the beauty in mountaineering.”

Conrad Anker

Schon 1981 waren die beiden Briten Nick Colton und Tim Leach „by fair means“ an der fast 3000 Meter hohen Südostkante der Annapurna III unterwegs, wo sie etwa 1000 Meter unter dem Pfeilergipfel umdrehen mussten. Ohne Zweifel gehörten die beiden zur Avantgarde des damals noch jungen Alpinstils im Himalaya. Der Alpinismus änderte sich zu dieser Zeit so rasant wie nie zuvor. Wären sie raufgekommen, ihre Route würde heute sicherlich in der Hall of Fame des Himalaya-Bergsteigens stehen.

Im Gegensatz zu Colton und Co. hatten wir auf den sehr gefährlichen Fußweg zum Basislager verzichtet. Nachdem Träger tödlich verunglückt waren wurde das BC von den nachfolgenden Expeditionen angefolgen, und so reisten auch reisten Hansjörg Auer, Alex Blümel und ich direkt von Kathmandu mit dem Helikopter ins Basislager auf 4600 Metern.

The southeast pillar of Annapurna III. Everyone I know who has seen this phenomenon speaks of it in the same terms we reserve for eclipses, wild storms, giant waves. (….) “When I first saw it,” Nick says to me, “I thought, ´For fuck’s sake.’ It’s awesome.”

Ed Douglas, Alpinist Magazine

Genau wie Nick Colton ging es auch uns, als wir den Pfeiler das erste Mal erblickten. Dass Berge allgemein größer sind wenn man drunter steht, als sie einem auf Fotos erscheinen, ist bekannt. Unter der Annapurna III fühlten wir uns aber wahrlich winzig.

Hansjörg, Alex und ich akklimatisierten uns über mehrere Tage am Ostgrat der Annapurna III. Dort führt ein runder und verhältnismäßig flacher Rücken relativ schnell und gefahrlos auf 6000 Meter. Dieser bot uns perfektes Gelände um uns für die Südostkante zu wappnen.

Als wir bereit waren loszulegen, kündigten unsere Meteorologen Alex Radlherr und Charly Gabl ein “Wetterfenster” an, während dessen es nachmittags nur wenig schneien sollte. Nicht gerade perfektes Wetter für eine derart anspruchsvolle Tour, aber die Chancen, etwas Besseres zu bekommen, gingen gegen Null.

Pro Jahr regnet es im Annapurna-Gebiet im Schnitt immerhin über 5600mm. Im nicht gerade wüstenähnlichen Glasgow in Schottland sind es gerade einmal 1100mm.

Der erste Tag bei unserem Versuch verlief vielversprechend. Das Wetter hielt sich dieses eine Mal nicht an die Statistik. Es gab kaum Niederschlag und wir kletterten vom Einstieg auf 4700 durch ein Couloir bis auf die erste Schulter auf 5900 Meter, wo wir hinter einem Serac biwakierten.

Den nächsten Teil der Route, der über kombiniertes Gelände direkt am Grat verläuft, bezeichnete Colton als „not hard“, womit er ordentlich tiefstapelte. Immer wieder kamen wir an zurückgelassenem Material der Briten vorbei, aber das Terrain dort war alles andere als nicht schwer. In fast allen Seillängen zwang uns die anspruchsvolle Mixed-Kletterei dazu, die Eisgeräte an den Gurt zu hängen und uns an unseren Sicherungen hinaufzuziehen.

Annapurna III Expedition

Wegen der Kälte, dem Wind und dem starken Schneefall kletterten wir in voller Wintermontur und was den Briten bei blauem Himmel in ihren Fleece-Pullovern wie “UIAA 5 und 5+” vorgekommen ist, brachte uns an unsere Grenzen. Ein unangenehm enger Kamin auf über 6000 Meter, den Colton als “particularly tiring” beschrieb, ließ mich fast verzweifeln. Zuerst schruppte ich ein paar Meter rauf und als es nicht mehr weiter ging und ich mit meinen Steigeisen keinen Halt mehr fand, rutschte ich wieder runter. Ich zog meine Daunenjacke aus und mühte mich in teils technischer, teils freier Kletterei nach oben.

Unser zweites Biwak richteten wir auf fast 6400 Metern ein. Der dritte Tag wurde dann noch anstrengender.

Eine überhängende Seillänge zwang mich, auf Mikrokeilen und kleinen Friends technisch zu klettern – auf dieser Höhe ein kräftezehrendes und mühseliges Unterfangen. Nach nur 150 Höhenmetern richteten wir in dichtem Schneetreiben schon unser nächstes Biwak ein. Von ihren Beschreibungen zu urteilen waren wir wohl knapp oberhalb von der Stelle an der die Briten einst umgekehrt waren. Die Chancen auf den Gipfel waren bei diesen Bedingungen und unserem damit verbundenem langsamen Vorwärtskommen aber trotzdem nicht gerade groß. Am Abend kam dann ein neuer Wetterbericht: Das Wetterfenster ging früher als gedacht auf sein Ende zu. Zwar war uns allen sofort klar was das bedeutet, aber wir diskutierten trotzdem noch alle erdenklichen Möglichkeiten durch. Am Ende blieb uns nichts anderes übrig als uns am nächsten Morgen an den Abstieg zu machen.

Trotz des schwierigen Geländes verlief das Abseilen bis auf einen einzigen Seilverhänger reibungslos.

Zurück im Basislager war bei Hansjörg und Alex die Luft ein wenig heraußen, auch wenn die Motivation sicher wieder gekommen wäre, hätten wir nochmal etwas anderes von unseren Meteorologen gehört als „Die nächsten Tage wird’s wohl nicht besser werden“. Nach 10 Tagen musste auch ich der Realität ins Auge blicken: Immer noch mehr Niederschlag war im Anmarsch und keine Besserung in Sicht. Mit einem weinenden und einem lachendem Auge machten wir uns auf die Heimreise, doch es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich mich an dieser Traumlinie versuche.

Annapurna III Expedition David Lama
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