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14.04.2016

Betrifft: Trends

Nicht nur in der Mode und der Industrie gibt es Trends, sondern auch beim Bergsteigen. Manche prägen den Lauf der Geschichte und führen zu einer Weiterentwicklung des Bergsports, andere hingegen sind kurzlebig und haben keinen nachhaltigen Effekt.

Die Geschichte des Bergsteigens zeigt, dass Trends immer wieder den Stil der jeweiligen Protagonisten maßgeblich beeinflusst haben. Ob es mir passt oder nicht, auch ich sehe mich ständig mit neuen Trends konfrontiert. Mich beschäftigt, wie sie meinen persönlichen Zugang zu den Bergen verändern.

Während die Gipfel in den Alpen und im Himalaya erstbestiegen wurden und anschließend die schwierigen Linien versucht wurden, hat man den Kletterstil lange Zeit vernachlässigt und den Zielen angepasst. Die Triebfeder war es, Neuland zu erobern und höhere Schwierigkeiten zu meistern – dafür waren alle Mittel recht.

Es brauchte Alpinisten die über den Tellerrand hinausblickten und erkannten, dass diese Entwicklung unweigerlich in eine Sackgasse führte. Nur mit der Einschränkung der eigenen Mittel und der Besinnung auf einen dementsprechend fairen Stil würde die Herausforderung bestehen bleiben.

Mit den gleichen Mitteln wie in den Alpen auf die höchsten Berge zu steigen, wie es in den Siebziger Jahren erstmals vorgemacht wurde, entwickelte sich von der persönlichen Ideologie einiger weniger zu einem Trend, den die nachfolgende Generation annahm und der seither den Alpinismus prägt. Im Gegensatz zum Expeditionsstil verzichtet man beim Alpinstil auf die Unterstützung von Hochträgern, Fixseilen und Hochlagern.

Auch meine Art des Bergsteigens wurde von dieser Auslegung von Grund auf beeinflusst. Ob zu Hause in den Alpen, in Alaska, oder im Karakorum: Ein fairer Zugang hat bei mir immer Priorität. Die Belagerung eines Berges, mit einem Materialaufwand wie er früher üblich war, kommt mir gar nicht erst in den Sinn.

Eine extreme Form des Alpinstils ist der Trend zu Speed-Begehungen und anderen Rekordjagden. Diese kommen immer mehr in Mode und bieten eine “neue” und leicht verständliche Spielwiese. Mir persönlich fehlt jedoch der entdeckerische Geist und die qualitative Steigerung der Schwierigkeit bei vielen dieser Unternehmungen. Zahlen werden zur Hauptmotivation.

Ob sich dieser Trend durchsetzen wird? Ich persönlich bezweifle es. Routen, die vor fast hundert Jahren erstbegangen wurden, werden zu reinen Fitnessübungen, und der Stil allein macht noch lange nicht den wahren Kern des Bergsteigens aus. Eine Stoppuhr ist kein natürlicher Ausrüstungsgegenstand eines Alpinisten.

Das Schöne beim Klettern ist für mich der kreative Prozess. Eine Erstbegehung, die Qualität in Bezug auf Ästhetik, Schwierigkeit und Stil hat, entspricht meiner Idealvorstellung.

Die eigene Idealvorstellung zu finden, bedeutet vor allem auf sich selber zu hören und nicht anderen nachzueifern. Anstatt täglich stundenlang zu versuchen via Internet und Bergsportmagazinen auf dem neuesten Stand zu bleiben, sollte man öfter auf seine Intuition hören, und die Berge auf seine eigene Art genießen und erleben.

Niemand sollte Angst haben, gegen den Strom zu schwimmen, wenn es dem eigenen Weg entspricht. Viel eher sollte es einem Sorgen bereiten, von Trends in eine Richtung gedrängt zu werden, die nicht zu einem passt.

Als Kolumne erschienen im Magazin Bergwelten

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