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19.02.2014

Patagonien – Wo der Wind nie nachlässt

Jährlich grüßt das Murmeltier: Anfang Jänner ging es für mich wieder nach El Chalten. Seit ich 2009 das erste Mal in Patagonien war, haben sich die Gründe meiner jährlichen Reise ein wenig geändert, aber das Flair und die argentinische Leichtigkeit des Seins sind immer noch gleich. Natürlich wollte ich auch heuer wieder an den imposanten Granittürmen klettern, doch darüber hinaus war ich auch gekommen um unseren „Cerro Torre“ Film an dem Ort zu zeigen, wo er entstanden ist…

Patagonien David Lama

“Eine ganz schlechte Saison”, “Kein ordentliches Wetter”, “Viel mehr Niederschlag als in den letzten Jahren” kam es aus allen Mündern als mein Kollege und Kletterpartner Flo Klingler und ich im kleinen Dorf, El Chalten, ankamen. Wir mussten über eine Woche warten bis wir den Fitz Roy und seine Trabanten das erste Mal zu Gesicht bekamen. Es fügte sich wieder alles so ein wie immer. Warten, Wetter schauen, Bouldern gehen.

Asado, Braseria, Porterbar. Dann sah es auf einmal so aus, als könnte das Wetter einen Tag gut - oder sagen wir zumindest etwas besser als sonst - sein. Normal reicht ein einzelner Tag nicht einmal um das Eis aus den Wänden zu schmelzen, aber bei der Großwetterlage würde es vielleicht keine besseren Gelegenheiten geben etwas zu machen, und so entschieden Flo und ich alles auf eine Karte zu setzen und ohne Schlafsäcke und Zelt und mit möglichst leichtem Gepäck den über 20 km langen Weg hinein zu den Granittürmen auf uns zu nehmen. Gerade als wir unsere Rucksäcke packten tauchte auf einmal Ben Lepesant, ein Freund aus Innsbruck, der den Winter in Patagonien verbringen wollte, auf. Er war gerade erst in El Chalten angekommen und war voller Tatendrang. Wir boten ihm an sich uns anzuschließen und so starteten wir kurz vor Mitternacht im Schein unserer Stirnlampen zu dritt Richtung Nipo Nino, dem ersten Lager im Torre Valley.

Ich kenne auf diesem Weg mittlerweile jeden Stein. Über den Wanderweg gelangt man zur Tirolese. Mit dieser Seilbrücke überquert man den Fluss der vom Torre Gletscher gespeist wird. Dann geht es an der Laguna Torre vorbei, entlang der Gletscher Moräne und zum Schluss hinunter auf auf den Torre Gletscher. Beim ersten Mal ein Wahnsinn. Ben und Flo, die den Zustieg das erste Mal machten, waren wie weggeblasen.

Patagonien 2014

Als wir uns unserem Ziel, dem Mocho näherten, ging gerade die Sonne auf. Auch für mich, der dieses Naturschauspiel mittlerweile schon einige Male miterleben durfte, war es noch ein unglaubliches Erlebnis.

Flo rannte voraus und spielte mit der Kamera, Ben stand mit großen Augen und offenem Mund da und auch ich genoss diesen Moment. Die Berge dort unten, im äußersten Süden Argentiniens, sind einmalig, und im satten, roten Licht der aufgehenden Sonne, kann man nicht anders, als sich daran zu erfreuen. Der Cerro Torre, mit dem ich so viele intensive Erinnerungen verbinde, glänzte im ersten Licht. Er war heuer viel zu vereist um von dieser Seite bestiegen zu werden, aber umso schöner sah er aus.

Acht Stunden nachdem wir gestartet waren, näherten wir uns dem Einstieg. Es herrschten winterliche Bedingungen - jede Menge Spindrift inklusive. Wir entschieden uns für eine Linie aus vereisten Verschneidungen und Kaminen, und folgten unten der Route Greetings from Bad Men, bevor wir die letzten Seillängen entlang einer neuen Linie kletterten. Vor allem im unteren Teil der Route war der Spindrift grenzwertig, aber die Kletterei machte Spaß. Sie gestaltete sich als nicht allzu schwer, war aber dennoch interessant. Gegen Mittag standen Ben, Flo und ich am Gipfel.

Jeder Gipfel in Patagonien ist besonders, aber keiner ist wie der Erste.

Dementsprechend freuten sich meine zwei Kletterpartner. Es war beinahe windstill. Wir sahen einige Leute unten am Gletscher, aber niemanden in den umliegenden Wänden. Es zogen schon wieder die ersten Wolken auf. Wir hatten uns für die richtige Route auf den richtigen Berg entschieden und das kurze Fenster perfekt genutzt. Eine ereignislose Abseilfahrt, ein sechsstündiger Marsch nach El Chalten und 22 Stunden nachdem wir aufgebrochen waren, saßen wir bei Eduardo in der Braseria und bemühten uns, nicht über den perfekt gegrillten Steaks einzuschlafen.

Patagonien David Lama

Das Wetter blieb so wie es gewesen war: Schlecht. Ich glaubte auch nicht daran, dass es in den nächsten paar Wochen besser werden würde. Die Großwetterlage war derart hoffnungslos, dass ich sogar Peter riet, gar nicht erst nach Patagonien aufzubrechen.

Vor meiner Abreise ging es aber noch einmal in die Berge. Ich entschied mich allein auf einen leichten Gipfel, den Cerro Solo, zu steigen. Der Wind war teilweise extrem, aber wie immer in Patagonien, war auch dieses Mal das Erlebnis alle Mühen wert. Ich war ganz alleine am Berg und ich genoss die grandiose Aussicht vom Gipfel auf die noch fast unberührte Natur.

Die Filmvorführung von „Cerro Torre – Nicht den Hauch einer Chance“ war dann noch das Highlight vor meiner Abreise. Wir wollten der Klettergemeinschaft vor Ort ein wenig von dem zurückgeben, was sie uns die letzten Jahre an Unterstützung geboten hatten. Die Premiere war ein voller Erfolg, der Saal platzte aus allen Nähten. Mit einem solchen Ansturm hatten wir nicht gerechnet und es tat gut zu sehen, wie sehr den Locals der Film gefiel.

MANAGEMENTFlorian KlinglerSchillerstraße 13
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