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07.07.2017

Betrifft: Wetter

Ob daheim im Klettergarten oder an großen Himalaya-Bergen: Das Wetter bringt Frustration, oder versetzt uns in Ekstase.

Das Wetter unterliegt nicht unserer Kontrolle – wir sind ihm ausgeliefert. Beim Bergsteigen erfährt man das oft genug auf die ruppige Art: Eine halbe Stunde unter dem Gipfel fängt es plötzlich an zu schneien und schon hat man ein Problem. Wäre ich bloß eine Stunde früher gestartet

Kälte, Nässe oder Wind sind nicht nur unangenehm, sie beeinflussen auch die Verhältnisse maßgeblich und entscheiden wie kein anderer Faktor über unsere Taktik: Welches Material nimmt man mit, wann startet man, wie lang ist man unterwegs und welche Linie klettert man?

Das macht nicht nur das Bergsteigen so spannend, sondern auch das Thema „Wetterprognose“. Oft genug gibt sie den entscheidenden Fingerzeig, in welche Richtung es gehen wird, und entscheidet so über Erfolg oder Misserfolg.

In abgelegenen Regionen wie dem Himalaya sind Vorhersagen so unsicher wie das Wetter selbst. Es gibt kaum Messstationen oder verlässliche Daten. Dementsprechend haben die Metrologen zu kämpfen.

Über mein letztes Ziel, die 7.555 Meter hohe Annapurna III in Nepal, meinte Charly Gabl, der als Koryphäe der Berg-Meteorologen gilt, es sei „eine der weltweit anspruchsvollsten Regionen für Vorhersagen.“ Das erfuhren wir am eigenen Leib: Das Wetter machte was es wollte. Mal kam der Wind aus Osten, mal aus Westen. Wir konnten uns nur darauf verlassen, dass es nachmittags mehr oder weniger viel schneite.

Das „Wetterfenster“, das uns Charly und sein Kollege Alex Radlherr angekündigt hatten, bestand aus mehreren Tagen an denen es weniger Niederschlag geben sollte als sonst. Dem war dann aber nicht so. Unser Versuch am unbestiegenen Südostgrat endete in 6.500 Meter Höhe, da sich das Wetter am dritten Tag wieder massiv verschlechterte.

Jede Vorhersage lässt Entscheidungsspielraum: Lohnt sich dieses Fenster zum Einsteigen? Ein Versuch kostet Kraft und nichts ist so frustrierend, wie mitten in der Wand zu hängen und die Nachricht zu bekommen, dass – anders als bislang gedacht – das Wetter früher wieder schlecht wird.

Die Meteorologen leben, während wir auf Expedition sind, mit uns mit. Genau wie wir sind sie mit hundert Prozent Einsatz dabei. Trotzdem ist es wichtig zu wissen, dass auch sie keine komplette Sicherheit garantieren können.

Der Wahrheitsgehalt ihrer Prognosen ist aber so gut wie immer höher, als der unserer Intuition, die ohne jegliche Wetterdaten und professionelle Interpretation auskommen muss. Genau so wenig wie ich mir vor der Tour Karten lege, verwerfe ich eine Vorhersage, nur weil mich mein Bauchgefühl zweifeln lässt.

Der Faktor Wetter bleibt auch heute noch eine Unsicherheit, die man selbst mit bester Taktik und Vorbereitung nicht ausschalten kann. Das muss ich akzeptieren. Auch wenn ich das in dem Moment, wenn der Sturm aufzieht, oft anders sehe: Wetterkapriolen gehören zum Bergsteigen dazu und machen einen Teil seines Reizes aus.

Als Kolumne erschienen im Magazin Bergwelten

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