Vom Gipfel des Lunag Ri
Und plötzlich sind es nur noch ein paar Schritte. Vor mir liegt der Gipfelsporn des Lunag Ri.
Ich kann mich noch gut daran erinnern wie Conrad und ich 2015 im Advanced Basecamp vor unserem Zelt saßen. Mit dem Fernglas auf Anschlag fragten wir uns, ob dieser von unten kaum zu erkennende Granitzacken tatsächlich der Gipfel sein würde. Es war nur eines der vielen Fragezeichen die auftauchten, als wir uns erstmals zum Versuch der Erstbesteigung aufmachten. Vier Jahre ist dies nun her. Viel ist seitdem geschehen, und vieles davon macht diese letzten Schritte jetzt so besonders.
Ich quere die letzten paar Meter über windgepressten Schnee, der auf der nepalesischen Seite des Berges am Granit klebt.
Auch wenn mein Kopf voll ist mit den Eindrücken, die ich dort oben jeden Augenblick aufsauge, so sind meine Gedanken doch irgendwie leer. Das Wissen, sich keinen Fehler erlauben zu dürfen, ist konstant präsent und dominanter als alle Gefühle. Es mündet in intensiver, fast schon anstrengender Konzentration, wie ich sie nur von anderen Alleingängen in den Bergen kenne.
Dann ist die kurze Welle der Gefühle wieder vorbei und das Wissen, dass ich heute noch so weit wie möglich vom Berg runter kommen sollte nimmt mich ein. Das Ziel ist erreicht und der Abstieg drängt, denn endgültig geschafft haben werde ich es erst wenn ich wieder unten bin.