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07.10.2015

Avaatara: Eine Reise zurück, und in den Libanon

Schon lange war ich nicht mehr so motiviert zum Sportklettern wie in diesem Frühjahr. Obwohl meine Anfänge als Kletterer in dieser Disziplin liegen, galt in den letzten Jahren mein Fokus ganz dem Bergsteigen. Diverse Felskletterprojekte daheim, in den USA, oder anderswo ließen die Sportklettermotivation in mir jedoch wieder aufkeimen. Eines der für mich herausragenden Projekte führte mich dabei in die Baatara Gorge im Libanon.

Avaatara Libanon David Lama

Ein Foto das hinter einem Wasserfall aufgenommen wurde und die Schlucht mit ihren bizarren Bögen und Überhängen zeigte, brachte mich auf die Idee, dort zu klettern. Jad Khoury, ein libanesischer Kletterer, zeigte sich bereit mich bei diesem Projekt zu unterstützen.

In Wirklichkeit war die Schlucht noch viel beeindruckender als sie auf dem Foto aussah. Die drei natürlichen Felsbrücken, der Wasserfall, der hundert Meter in das schwarze Loch abfällt, die Farben des blauen und orangen Kalkgesteins und das satte grün der Pflanzen erinnerten mich sofort an die surreale Landschaft des Films ‚Avatar‘.

Wie an unzähligen anderen vielversprechend aussehenden Felswänden im Libanon ist auch hier noch nie jemand geklettert. Ich machte mich daran, die Überhänge nach Griffen und Strukturen für eine kletterbare Route zu scannen.

Die offensichtlichen Linien die ich zuerst auscheckte erwiesen sich als nass, dreckig, brüchig oder schlicht unkletterbar. Hatte vielleicht deshalb an diesem einzigartigen Ort noch kein Kletterer seine Spuren hinterlassen, weil es einfach keine mögliche Linie gab?

Ich hatte schon fast aufgegeben als ich mich noch einmal von oben über eine andere Stelle in die Wand abseilte und endlich eine lose Abfolge von Leisten und Auflegern entdeckte, die sich durch das ganze, fast horizontale Dach zog. Nachdem ich die Linie eingebohrt hatte, versuchte ich die Griffe mit einer Reihe von athletischen Zügen zu verbinden.

Avaatara Libanon David Lama

Ein paar Sequenzen lösten sich überraschend gut auf, eine Stelle mitten im Dach bereitete mir aber Kopfzerbrechen. Vom letzten guten Griff, einem Sinterkopf, geht man mit links auf eine schmerzhafte Leiste die man als Untergriff hält. Von hier weg gibt es kaum noch Griffe und stundenlang versuche ich eine Lösung zu finden. Ich hatte mich schon lange nicht mehr so intensiv mit ein paar Metern Fels auseinander gesetzt. Es kam mir irgendwann vor als würde ich jede Unebenheit in dem Felsdach kennen. Und das Tüfteln machte sich bezahlt. Ich entdeckte weiter links einen unscheinbaren Spalt, der meinen Fingern genügend Halt bot um mich für die nächsten Bewegungen perfekt in Position zu bringen.

Avaatara Libanon David Lama

Im nächsten Versuch schaffte ich es bis in die Mitte des Daches. Ich probierte die Tour noch einmal, fand aber keinen Rhythmus und fiel weiter unten. Meine Haut an den Fingerspitzen litt unter den scharfen, kleinen Leisten und ich entschied, den nächsten Versuch erst tags darauf zu machen um meinen Händen eine Pause zu gönnen.

Meine Taktik ging auf und ich konnte die Route wieder ohne brennende Fingerspitzen probieren. Als ich dann, von unten kommend, erstmals den Schlüsselzug halten konnte, wollte ich mir den Durchstieg und somit die Erstbegehung der Linie auf keinen Fall mehr nehmen lassen. Ich wusste, dass noch einige schwere Züge zwischen mir und der rettenden Dachkante lagen. Ich gab alles, hing keine der beiden Expressschlingen im Dach ein, und kämpfte gegen die gefühlt zunehmende Schwerkraft. Wie mir Jad später erzählte, war es eigenartig für ihn das Seil derart weit durchhängen zu sehen, aber ich hatte lediglich den rettenden Ausstiegshenkel im Kopf, den ich dann auch erreichte.

Avaatara

Jad, der mich beim Probieren meiner Linie geduldig gesichert hatte, schlug vor dem Namen der Route einen arabischen Einschlag zu geben. Wir unterhielten uns ein wenig über die Besonderheiten des Projektes und einigten uns auf Avaatara (9a) in Anlehnung an den surrealen Ort, an dem sie sich befindet – die Bataara Gorge.

Ich war glücklich, das Projekt erfolgreich abgeschlossen zu haben. Noch zwei Tage nach dem Durchstieg war die Haut an meinen Fingern komplett durch. ‚Avaatara‘ hat es auf jeden Fall in sich, genau wie die abschließende Partynacht in Beirut, eine Stadt die Jad nicht zu unrecht ‚Party capital of the world‘ nennt.

Avaatara Libanon David Lama
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